Nicht so bunt wie ukrainische D?rfer, daf?r fast so lebhaft wie Hanoi

Kartenverhei?ungen

Karten wollen und k?nnen so allerlei. Im Alltag versprechen wir uns von ihnen Orientierung, die Darstellung von empirisch nachpr?fbaren Fakten. Was der Karte ihre ungemeine Suggestivkraft verleiht, ist ihr Verm?gen, auf einen Blick alles zu zeigen: den Umfang oder auch die glorreiche Expansion von Territorien, die Migration von Menschen, G?tern und Ideen, die Verbreitung von Epidemien ebenso wie von Technologien, Kriegsschaupl?tze und Wohlstandsinseln, den Verlauf von Grenzen, den Verlauf einer Mauer durch eine Stadt.

Gemeinhin sprechen Karten eher ungern dar?ber, aus welchem ideologischen Tintenfass sie ihre Farben sch?pfen. Ihre Entstehungsgeschichten verschwinden hinter grafischen Zeichen, was bleibt ist die L?ge ihrer Objektivit?t. Manchmal muss sich die Karte aber widerwillig beim L?gen ertappen lassen: Auf DDR-Stadtpl?nen wurde West-Berlin zum Niemandsland. Westlich vom Brandenburger Tor und s?dlich vom Checkpoint Charlie erschien auf den Ostkarten eine blanke Fl?che, die bestenfalls noch das Spinnennetz der S-Bahnh?fe und einige Gr?nfl?chen preisgab – von den H?usern und Stra?en dr?ben fehlte hingegen jede Spur. In den K?pfen der meisten West-BerlinerInnen war der Osten der Stadt nun aber alles andere als eine tabula rasa, umgekehrt verf?gten die BewohnerInnen Ost-Berlins in den Jahren der Teilung ebenso ?ber mentale (wie auch reale) Bilder vom anderen Teil der Stadt.
Die Karten in den K?pfen der BerlinerInnen, das waren und sind nicht nur die Mental Maps von Ossis und Wessis, sondern auch von MigrantInnen in beiden Teilen der Stadt.

 In eben der Absicht,
etwas ?ber subjektive Geographien aus migrantischer Perspektive zu erfahren, hat sich in dem von der in Berlin lebenden und arbeitenden K?nstlerin Stefanie B?rkle initiierten Projekt „Placemaking“ eine Forschungsgruppe zwischen den Disziplinen Kunst, Architektur und Ethnologie zusammengefunden. Wir sind den Mauerfallerz?hlungen von Berliner MigrantInnen nachgegangen und haben ihre Bewegungen durch das Berlin der letzten 20 Jahre verfolgt.

Migration als r?umliche Mobilit?t

Mit der Migration von Menschen nach Ost- und Westberlin verbindet sich ebenso die Wanderung mitgebrachter R?ume durch den Berliner Stadtraum, die zugleich den Blick auf das Berliner Stadtbild pr?gen. Als sie zum ersten Mal „durch die ersten L?cher in der Mauer“ hindurchschaut, stellt eine Polin fest: „Es war furchtbar  h?sslich, Ostberlin. Es sah aus wie Szczecin.“ Und auch f?nf Jahre nach dem Mauerfall wollte eine Russlanddeutsche bei ihrer Ankunft noch bemerkt haben, dass Ostberlin wie „der Stadtrand von Moskau“ aussieht.

Im Rahmen des Kunstprojekts Placemaking habe ich mit PolInnen in Berlin Interviews gef?hrt und von ihnen Mappings zeichnen lassen. Die Wanderung von T?rkInnen, UkrainerInnen, RussInnen und VietnamesInnen durch Berlin waren ebenso Gegenstand unserer Untersuchungen. Damit haben wir Migrationsgeschichten eingefangen, die unterschiedlicher kaum ausfallen k?nnten: T?rkische GastarbeiterInnen, vietnamesische VertragsarbeiterInnen und Boat People, polnische Nachwendebauarbeiter und ukrainische Sp?taussiedlerInnen wurden weder in derselben politischen Realit?t sozialisiert, noch trafen sie auf dieselben Bedingungen im jeweiligen Ankunftsland West-, Ost- oder aber dem geeinten Berlin.

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John Holten, Line Madsen Simenstad (Hg.): You Are Here, Broken Dimanche Press, Berlin 2009, S. 13-33. ISBN 978-3-00-028868-5


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